Wach auf, mein Herz, und denke

Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg von 1740 bis heute

 

Fünfzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch e.V. und das Schlesische Institut Oppeln/Instytut Śląski zusammen mit dem Kreuzberg Museum eine deutsch-polnische Ausstellung vorbereitet, die die Geschichte der beiden Regionen seit 1740 nachzeichnete. Zum Projektteam gehörten 40 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Deutschland und Polen. Das Kurator:innenteam bestand aus Klaus Bździach, Martin Düspohl, Jan Goczoł, Witold Kamiński, Wiesław Lesiuk, Hans-Peter Meister, Ellen Röhner, Irena Sroka und Ulrike Treziak.

 

Die Ausstellungsmacher:innen gehörten der Nachkriegsgeneration an. Ihre Lehrbücher in den Schulen unterschieden sich. Wenn es um die politische Zuordnung Schlesiens ging, lernten die einen "zur Zeit unter polnischer Verwaltung", die anderen "wiedergewonnenes Gebiet". Die zweisprachige Ausstellung entstand im Rahmen eines zweijährigen interregionalen Dialogs über die Lücken in der gängigen Geschichtsdarstellung beider Seiten. Sie wollte dazu beitragen, die weißen Flecken mit Farbe zu füllen, und griff deshalb Themen auf, die bisher stark emotionalisiert waren: die Teilung Oberschlesiens 1921, der Überfall auf Polen 1939, polnische Zwangsarbeiter in Berlin, Brandenburg und Schlesien, Flucht und Vertreibung, die Neubesiedlung Schlesiens, Aussiedler und Asylsuchende.

 

Im Vordergrund der Ausstellung standen Menschen, deren Schicksal mit diesen Regionen verbunden war, angefangen mit schlesischen Dienstmädchen, Landarbeitern, Studenten und Kaufleuten in Berlin-Brandenburg bis hin zu Berliner Kurgästen im Riesengebirge. Den Hintergrund bildete die Darstellung der allgemeinen Geschichte. Das vormals enge, wenn auch nicht immer einfache Verhältnis zwischen Schlesien, Brandenburg und Berlin zerbrach in unserem Jahrhundert. Nationalismus, die Verbrechen der Nazis, Krieg und Vertreibung haben es zerstört. Ressentiments sind im Verhältnis von Deutschen und Polen auch heute keine Ausnahme. Die Aufforderung "Wach auf, mein Herz, und denke", die der schlesische Dichter Andreas Gryphius nach dem Dreißigjährigen Krieg an seine Mitmenschen richtete, ist deshalb jetzt so aktuell wie damals.

 

Das Projekt wurde gefördert durch die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Warschau aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland, das Bundesministerium des Innern in Bonn, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg in Potsdam, das Bezirksamt Kreuzberg von Berlin, die Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam, die Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart, die Friedrich-Ebert-Stiftung, Büro Schlesien in Gleiwitz und die Deutsche Bahn AG.